„Jenseits der Illusionen“ von Erich Fromm – Buchrezension

In seiner sogenannten „intellektuellen Autobiographie“ zeigt der Sozialphilosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm, wodurch in ihm die Fragen bezüglich des Menschseins und der Gesellschaft geweckt wurden und inwieweit er auf diese durch Karl Marx und Sigmund Freud Antworten gefunden hat.

Dabei stellt Fromm die Lehren Marx denen Freuds unter verschiedenen Gesichtspunkten gegenüber. Er zeigt auf, wie sie sich ergänzen, wo sie sich widersprechen und wo verschiedene Begriffe für das gleiche Phänomen verwendet wurden. Außerdem bespricht er Unzulänglichkeiten der Lehren Freuds und Marx, wodurch seine eigene Lehre deutlich wird.

Ich wollte die Gesetze verstehen, die das Leben des Einzelnen und der Gesellschaft (…) beherrschen. [Ich] gelangte schließlich zu einer Synthese, die sich aus dem Verständnis beider Denker und aus der Kritik an ihnen ergab.

Für mich war das eins der schwierigeren Werke Fromms. Ich hatte zuvor das sehr bekannte Werk Fromms „Die Kunst des Liebens“ gelesen, was mir wesentlich leichter gefallen war. Insgesamt lässt sich Fromm jedoch immer noch wesentlich leichter lesen als Freud und wenn man sich bereits in das Themengebiet eingelesen hat, kann es nicht nur spannend sein – denn das ist das Buch allemal! – sondern auch entspannend und angenehm.

Das Besondere an Fromms Werken ist für mich, dass sie vergleichsweise leicht zu lesen sind, ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Auch wenn sie schon vor einiger Zeit verfasst wurden, sind sie immer noch aktuell. Dies trifft auch auf folgendes Werk zu, durch welches der Leser Marx‘ und Freuds Lehren nähergebracht bekommt und diese insbesondere deshalb leichter einordnen kann, da durch die Gegenüberstellung Vergleichsparameter festgesetzt werden, die einem helfen können, die Kernpunkte auszumachen und Differenzen der Lehren einzuordnen.

Wichtige Begriffe wurden kursiv geschrieben, sodass man diese leichter wiederfindet und die Abschnitte besser gliedern kann.

Bezüglich dem Inhalt: Wer über sich selbst und die Gesellschaft nachdenken will, ist mit Fromm immer gut beraten. Politische, gesellschaftliche Beispiele wechseln sich mit psychologischen ab, was für gelungene Abwechslung sorgt, aber eben auch die Parallelen und Zusammenhänge aufzeigt. Dennoch empfand ich das Hin- und Herspringen zwischen Marx und Freud manchmal ein wenig anstrengend, da ich mich gerade in das eine eingedacht habe und mich dann schon wieder in das andere einarbeiten musste. Der rote Faden hat darunter jedoch nicht gelitten.

Alles in allem bin ich froh, auf Fromm gestoßen zu sein, da er sich von den relativ oberflächlichen Psychologie-Ratgebern klar abgrenzt mit seiner Tiefe, die jedoch die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt. Das nächste Werk Fromms – Die Anatomie der menschlichen Destruktivität – habe ich mir bereits besorgt.

5/5 Sterne

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